Mittwoch, 3. Juni 2015

belauscht [Lebenskampf] ... boxen bis die Gaskammer ruft

Boxen ist ja sowas von nicht meins! Alle Kampfsportarten find ich genial: Kicks, Schläge, Würfe, Schwerterfuchteln, Stockkampf - super! Nur das Boxen ned. Keine Ahnung wieso, fand ich einfach noch nie gut. Und den Gregor Bloéb nuschelt sonst irgendwie so komisch. Oder er brüllt. Beides find ich patschert und für einen (zumindest zeitweise) Burgschauspieler nicht sooo professionell.

Umso mehr verwundert mich selbst, dass ich mich in die Josefstadt aufgemacht habe. Sogar mit freudiger Spannung im Vorfeld. Ich verrate es gleich vorweg: mit Felix Mitterers Stück "Der Boxer" im Theater in der Josefstadt war ich höchst(!) zufrieden!!! Von vielen Seiten angetragen und wärmstens empfohlen worden, Mrs. Hyde tut es somit auch, ausdrücklich!















(Foto: Gregor Bloéb in "Der Boxer" im Theater in der Josefstadt; gesehen auf: diepresse.com)


Zum einen ist da natürlich die unglaublich schreckliche Geschichte, die so berührt! Ein junger und sehr talentierter Boxer, Johann Rukeli Trollmann (gespielt von Gregor Bloéb), wird mit Machtergreifung der Nationalsozialisten im Deutschland der 30er-Jahre vom gefeierten Star und deutschem Meister plötzlich zum Gejagten. Seine Familie sind sesshafte Sinti, die sehr auf Familienzugehörigkeit und -traditionen Wert legen, ein bescheidenes Leben führen und den erfolgreichen Sohn vergöttern.

Enttäuscht von der Aberkennung des deutschen Meistertitels wegen "undeutschen" Boxstils, versucht sich Rukeli abzuwenden vom Boxsport, ist aber immer mehr gezwungen um sein Leben und das seiner Familie zu kämpfen. Nicht nur die ZuseherInnen können kaum einordnen, wie die Mitcharaktere sind - helfen sie wirklich oder sind sie doch ausgeprägte Nazi-Schergen? Sind sie schlechte Menschen oder einfach nur naiv?

Absolute Höchstspannung, eiskalter Grusel entlang des Rückens und Totenstille herrschten im Kino an zahlreichen Stellen. Die Banalität und oft auch Liebenswürdigkeit des Bösen wird immer und immer wieder mit der stellenweise fast poetischen Sprache Mitterers ins Rampenlicht gestellt, was mich ebenfalls enorm begeistert hat. Mitterer hielt sich vor allem in den Anfängen des Stückes relativ genau an das Leben des realen Boxers, das Lebensende ist für die Bühne adaptiert worden.

(Foto: der echte Boxer Johann Rukeli Trollmann, Bloéb sieht im tatsächlich zum Verwechseln ähnlich; gesehen auf: www.ndr.de)


Bloéb wie auch das restliche Ensemble sind UN-GLAUB-LICH toll! Die boxenden Hauptdarsteller sind sehr gut trainiert und kommen absolut glaubhaft daher. Das Bühnenbild und die Inszenierung ansich reduziert aber sehr clever gemacht. Für die Hyde alle Punkte abgestaubt!


Einziges Manko - die schallend lachenden Bobo-Mädls in den hintersten Rängen, die den Unterschied zwischen Spaß und Ironie nicht ganz übernausert haben und so die Stimmung zu Beginn ein wenig verballhornt haben. Unsensible Grätzen, echt! :( Ihnen ist das Lachen aber durch die schrecklichen Wendungen des Stücks sehr schnell vergangen!! Gut so!

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