Montag, 9. März 2015

belesen ... [Buch] Erich Hackls "Dieses Buch gehört meiner Mutter"

Seit 1989 und seinem zu recht zum Klassiker gelobten Werk "Abschied von Sidonie" gehört der mehrfach ausgezeichnete österreichische Autor Erich Hackl zu den Granden der heimischen wie auch der gesamten deutschsprachigen Literaturszene. Neben selber schreiben tut der gute Mann auch noch sehr fein und häufig herausgeben.

Der Steyrer Hackl (geboren 1954) ist Germanist und Hispanist, arbeitete in Österreich und Spanien als Lektor, Übersetzer und eben Autor, reiste viel nach Südamerika. Spätestens seit nach Sidonie "Die Hochzeit von Auschwitz" (2002) erschien, ist bei ihm immer mit großartigen, doch leisen Büchern zu rechnen.

Auf Empfehlung nahm sich Mrs. Hyde nun endlich "Dieses Buch gehört meiner Mutter" (2013, Diogenes) an.Wahrscheinlich zog es mich doch recht schnell zu diesem Tipp, da familären Parallelen da sind (Mrs. Hydes Uroma war auch so eine resolute Mühlviertlerin!).

Im Stile von Prosa aber nicht verdichtet aber dann doch schon irgendwie in enorm künstlerischer udn künstlerisch einfach Sprache kommt das Mutterbuch daher. Hackl verarbeitet Erzählungen und Geschichten seiner Altvorderen mit einer beinahe skalpellartigen Genauigkeit und dermassen grandios. Dieses Werk zieht einen förmlich hinein!

(Foto: Autor Erich Hackl; gesehen auf: www.rue-des-livres.com)

Selbst die schrecklichsten Schicksale oder unfairsten Begebenheiten nehmen diese Menschen mit einer stoischen Ruhe hin, eh wurscht, man kann eh nur alles falsch machen, wenn man sich nun aufregt also lieber - Goschn halten. Besonders magenumdrehend wirken mehrere Stellen, wo Gewalt gegen Frauen beschrieben wird (an den Mädchen ganz besonders oft), von einer Frau, die Erzählstimme ist ja Hackls Mutter in der Ich-Form. Es schüttelte Mrs. Hyde an mehreren Stellen kräftig angeekelt!

"Einmal kam der Stelzmüllner Hans gelaufen und sagte: >>Beim Kreuzstöckl liegt eine Flüchtlingsfrau, Läuse von oben bis unten, drei Russen gehen über sie her.<<"
(Hackl Erich, "Dieses Buch gehört meiner Mutter", 2013, Diogenes)

Wer keine alten Bäurinnen und Bauern kennt wie die Hyde-Urli eine war, der wird sich vielleicht ein wenig über die Kargheit an Gefühlsausdrücken wundern. Doch es ist tatsächlich fast erschreckend echt beschrieben!

In eine Welt aus Arbeit und Kirche, informellen Bestimmungen und reigiösen Geboten, besaufen und kein Geld haben, züchtig sein oder gezüchtigt werden, zu recht oder halt nicht kommen und gehen Kinder und gehen die Alte, same as usual, sei's drum, ein paar Mäuler weniger.

"Beim Pum hatten sie achtzehn Kinder und eine große Not. Auf ihrem Christbaum hingen nur Erdäpfelspeigen."
(Hackl Erich, "Dieses Buch gehört meiner Mutter", 2013, Diogenes)

Von großen Gefühlen wird dazwischen einfach nicht groß gesprochen, gearbeitet wird und Punkt. Die meisten waren zu arm, um sich diese Gefühle leisten zu können. Schön wird's nur kurz, wenn es um die seltenen Jahresfeste ging.


Ein ganz und gar berührendes und literarisch höchst wertvollen Buch, faszinierend in seiner Einfachheit, in seinen zum Teil schrecklich lapidar beschriebenen Ereignissen! Irgendwie auch ein wahres Denkmal an unzählige Menschen, die so viel hingenommen - UND auch jetzt noch in so vielen Gegenden der Welt schlichtweg müssen! - und so viel geleistet haben: Mädchen und Frauen!

Ma, da müsst man sich ja direkt auch endlich einmal auf die von Hackl übersetzen südamerikanischen Autoren werfen ...oh, welche Schätze erwarten die Mrs. Hyde da noch!!


P.S.: Übrigens ein bissi peinlich im Ehrungenabschnitt auf der Wikipedia-Seite über Hackl: die Salzburger Uni heisst ned so ganz "Paris-LONDON"!! LOL, lieb, schließlich ist die Uni ja nach Paris Graf von LODRON aus dem Adelsgeschlecht Lodron benannt, der echt sowas von NULL mit London zu tun hatte! S'warad wegen der Korrektheit gwesen, sunst heissts gleich wieder Wikipedia is so a Schass! ;-)

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