Nicht nur die elegante Sprache eines Schnitzlers konnten sofort packen, auch die unglaubliche Gruppendynamik, die Professor Bernardi nach dem Tod einer Patientin, angefacht von der Kirche, sofort entgegenschlägt, wird bedrückend echt skizziert.
Die Luft brennt in manchen Szenen förmlich, man kann sich vorzustellen beginnen, unter welchen Schikanen Jüdinnen und Juden im 3. Reich täglich zu kämpfen hatten. Zunächst oft nur so subtil und hinter einer mit freundlichen Maske versteckt begannen KollegInnen mit Verleumdung und Hetze und stachelten sich gegenseitig immer mehr an. Stimmen der Vernunft sucht man in solchen Situationen vergeblich.
Wie praktisch war es doch, so herausragende Kolleginnen und Kollegen auch in den Wissenschaften mundtot zu machen und ihren Karrieren oder ihnen selbst den Todesstoß zu versetzen.
(Foto: Joachim Meyerhoff; gesehen auf: www.tip-berlin.de)
Doch Mrs. Hyde fragt sich - hätten wir uns von der Stimmung damals nicht eventuell auch anstecken lassen? Hätten vielleicht auch nur zum Schein und zum Schutz vor der Gruppe mitgemacht? Rückblickend mit dem Wissen neuer Generationen kann man leicht urteilen darüber was war, hochnäsig kritisieren und doch - besehen wir uns wie nun mit "anderen" jeglicher Art umgegangen wird, findet man bald erschütternde Parallelen zu damals.
Auch zu bedenken und zu diskutieren bleibt natürlich, ob man ohne Bekenntnis oder mit anderem Religionsbekenntnis, sich als Arzt über religiöse Wünsche und Bräuche von jemandem hinweg setzen darf. Wer entscheidet, was für die Patientin/ den Patienten tatsächlich das "Beste" ist? Im Grunde also ist "Professor Bernardi" ein zu tiefst philosophisches Werk!
Abgesehen von diesen hochgeistigen Gründen für eine Empfehlung, stellt die grandiose Leistung eines Joachim Meyerhoff natürlich Mrs. Hyde vor die nahezu einzementierte Pflicht Ihnen dieses Stück ans Herz zu legen! An einem Meyerhoff, kommen Sie nicht vorbei!
Noch 3x von Mitte März bis Anfang April im Burgtheater zu sehen.
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