Dienstag, 15. Dezember 2015

bestaunt [Collage] ... Cornell, ein unbekannter Eigenbrödler im KHM

Fantastisch! Hätte ich nur 1 Wort zu Joseph Cornell zur Verfügung, es wäre fantastisch. Ein weiteres, das seine Werke sehr gut charakterisieren würde, wäre bezaubernd. No. 3 märchenhaft, No. 4 schrullig, No. 5 kreativ.

Ohne viel über den in Europa eher unbekannten Cornell zu kennen, habe ich mich ziemlich unbeleckt in die neue Ausstellung ins Kunsthistorische Museum begeben. Die kleine Ausstellungsfläche der Sonderschau ist deutlich überschaubarer als sonst, und doch passt genau das so perfekt zum häufig in Miniaturformaten arbeitenden Cornell.
(Abb.: der in Europa weitgehend unbekannte Künstler Joseph Cornell zählt in den USA zu einem der ganz Großen, besonders da er Wegbereiter für viele Richtungen der modernen Künste war; gesehen auf: users.clas.ufl.edu)


Ein Sammler wie er im Buche steht, ramscht der zeitlebens eher zurückgezogene und sozial isolierte Cornell alles zusammen, was er bekommen kann. Und macht daraus Kunst wie aus einer anderen Welt und Epoche! Aus Buchseiten werden filigrane Figürchen ausgeschnitten und liebevoll völlig neu zusammengesetzt, Setzkästen mit zahllosen kuriosen Fundstücken erschaffen komplett neue Welten, Vogelkäfige beherbergen wunderbare Tierchen. Fast alles ist verspielt und soll (leider jetzt nicht mehr möglich) zum Spieen dienen, vieles hat Doppeldeutigkeiten und manche Werke auch versteckte Botschaften.


(Abb.: Kunst im Kästchen - Cornell hat ganze Welten in Miniaturformaten erschaffen; gesehen auf: www.ibiblio.org)


Die Widersprüche und Brüche in seinem Leben und seiner Persönlichkeit faszinierten mich ebenso. Er hat die Kunst geliebt, war jedoch selbst nicht künstlerisch begabt, er liebte Ballerinas, aber Beziehungen zu Frauen (oder Männer) hatte er nie wirklich, er hatte Sehnsucht nach schönen europäischen Städten (Fernweh ist auch der Titel der Ausstellung), hasste es aber zu reisen usw.

Seine Collage-Technik und Videoschnittkunst werden zu wichtigen Wegbereitern für Surrealisten und Pop-art. Der Eigenbrödler Cornell war seiner Zeit weit voraus! Wer Art Journaling, Scap Booking, Soul-Collagen und dergleichen mag, wird diese Ausstellung lieben. Eine Ausstellung, die einen augenblicklich eine ganze Weile aus der hektischen Vorweihnachtswelt entrückt. Bitte mehr davon!

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